Montag, 1. April 2013

6 Wochen Afrika!

6 Wochen Afrika
Togo
Kürzlich wurde ich nach Togo entsandt, wo ich die Verwaltung einer Kleinstadt mit ca. 40.000 Einwohnern im Norden des Landes und ein Büro für Kommunalservice beraten sollte. Zunächst ging die Reise in die Hauptstadt Lomé, mit knapp ca. 800.000 Einwohnern. Begleitet wurde ich von einem örtlichen Partner.
Morgens um 1/2 8 ist die Hauptstadt Lomé total belebt, vor allem von Motorradfahrern, darunter auch viele Moto-Taxis, natürlich ohne Helm. Zuerst machen wir einen Besuch beim Deutschen Botschafter. Wir fahren in den Hof eines gut gesicherten Gebäudes. Der Wagen wird auch von unten mit Spiegeln besichtigt. Handys sind abzugeben. Der freundliche Botschafter, Joseph Weiss, ca. 50 Jahre alt, empfängt uns und führt uns in die Denkweise der heimischen Verwaltung ein. Eine Verwaltungsstruktur sei fast nicht vorhanden.
Nachmittags wollen wir eine Stadtrundfahrt in Lome machen. Es ist heiß, daheim liegt Schnee! Mein Begleiter kommt erst um 18.30 Uhr – mit dem Motorrad!  Auf dem Sozius geht es durch die Hauptstadt Lomé - einem großen Dorf. Bei Dunkelheit führt er mich in seine Kirche. Die Kirche ist  ein Rohbau; Gottesdienst wird unter einem Wellblechdach auf Holzpfosten gehalten. Es wird laut gebetet, viele bringen ihre Anliegen vor. Mein Begleiter sagt, dass wir anderntags mit dem Bus in den Norden fahren wollen. Die ganze Gemeinde betet für uns. Alle geben uns die Hand. Mein Begleiter wohnt um die Ecke. Ich bin bei seiner Familie zum Couscous eingeladen.
Morgens um 7 nehmen wir in einem gepflegten Bus Platz. Er ist genagelt voll. Das Gepäck wird verstaut.
Auch der Notausstieg wird vollgestopft und vertaut. Eine stattliche Dame kommt pünktlich mit zwei nett dekorierten kleinen Mädchen. Sie findet keinen Platz. Lautstark erkämpft sie sich ihn, sie hat je bezahlt.
Die Hauptstadt wird verlassen. Man sieht kaum Industrie. Zunächst wird für die zweispurige Asphaltstraße Maut bezahlt. Der Fahrer fährt zügig aber rücksichtsvoll. Es ist relativ wenig Verkehr. Keine Schlaglöcher. Es geht hinaus auf das flache Land. Buschlandschaft mit wenig Feldern. Die Dörfer sind überwiegend Selbstversorger: Bananenstauden, Orangen, Palmen, Zuckerrohr, Teakholz-Stauden.
Mir scheint, in den Dörfern sind mehr Kirchen als Schulen. Auch Moscheen gegenüber von christlichen Kirchen. Nur noch Hütten, mit Wellblech oder Binsen gedeckt, sind zu sehen. Im Bus ist es ganz ruhig. Es wird kaum gesprochen. Das Baby schläft schon 2 Stunden. Die elegante Mama spielt mit dem Rosenkranz, der Vater mit dem Tablet-PC. Bei einem Stop mit Einbahnverkehr spürt man plötzlich die Hitze, die draußen ist. An der Straße: eine ehemalige Textilfabrik; sie ist geschlossen, die Konkurrenz aus China war zu stark, oder war sie zu schlecht organisiert? Ein Stop in Atakparama. Es gibt Bananen, Eier, Avocados. Die Bananen schmecken köstlich.

Busstop in Atakpame


Nach 10 Minuten hupt der Fahrer zum Weiterfahren. In diesem Ort hatte die deutsche Kolonialverwaltung ihren 2. Sitz; es gibt auch einen deutschen Friedhof.
Felder mit Zuckerrohr und plötzlich eine moderne Fabrik, aluminiumverkleidet. Es ist eine chinesische Zuckerraffinerie!
Nach 5 Stunden Fahrt, die Kinder sind noch immer ruhig, kommen wir in der Provinzhauptstadt Sokodé an. Wir reservieren ein Taxi und essen zu Mittag. Hier, in der überwiegend moslemischen Stadt, gibt es keinen Alkohol. Dann steigen wir in unser Taxi; es ist das verratzteste Auto, mit dem ich je gefahren bin! Wir fahren noch zu der von Deutschen ca. 1965 erbauten Ingenieurschule, die auch mal wieder einer Verschönerung bedürfte.
Hauptstraße in Sokodé

Dann geht es auf einer asphaltierten Schlaglochstraße in Schlangenkurven nach Bassar, einer Stadt mit ca. 30 - 40.000 Einwohnern. Der Bürgermeister und der Gemeindesekretär erwarten uns schon auf der Terrasse des kleinen Hotels.
Nun soll es an die Arbeit gehen. Die Verwaltungsarbeit des Rathauses soll europäischem Standard angeglichen werden. Die Bediensteten werden mir vorgestellt.
Ein Besuch beim örtlich Verantwortlichen für die Wasserversorgung: Der Ort hat keine Abwasserbeseitigung, die Abwässer versickern oder fließen in den Fluss. Doch mit dem Grundwasser gäbe es keine Probleme, man hole es ja aus 100 m Tiefe. Daraufhin noch eine Besichtigung des Marktes. In großen Mengen liegen die Yams-Wurzeln auf dem Boden oder werden in LKWs verladen. Jede wiegt 10 – 15 kg. Sie sind ein wichtiger Bodenschatz des Landes. Man kann sie aber nur örtlich vertreiben. Denn sie stehen in Konkurrenz zu unseren Kartoffeln und zu amerikanischem Mais.
Marktplatz in Bassar




Dann geht es durch die verschiedenen Stände zur Metzgerei. Ein Fleischverkauf in einem Magazin, ohne Wasseranschluss, ohne Kühlraum – und das bei etwa 35 ° Hitze!. 
Metzgerei in Bassar
 

Nach dem Mittagsmahl im Hotel fragt uns ein Medienmann aus der Hauptstadt, ob wir zu einer Rundfahrt mitwollen, Abfahrt in 10 Minuten. Es könnte auch spät werden. Auf der gut ausgebauten Kantonalstraße geht es nordwärts. Doch nach 20 km kommt die Sandpiste und wird wegen der gelegentlich starken Regenfälle immer abenteuerlicher. Sein Ziel, deutsche Vergangenheitszeugen fotografisch zu dokumentieren, erreichen wir heute nicht. Man kennt ein Hotel in der Buschlandschaft. Mein Begleiter sagt, er wolle das Abendessen bestellen. Nach einer Stunde suche ich ihn im Restaurant. Hier gibt es nichts zu essen. Also warten, das ist in Afrika so üblich. Im Dunkeln kommt er mit Yams-Wurzeln und gebratenen Hähnchenteilen. Seine Schwester wohnt in der Nähe und hat für uns gekocht. Yams schmeckt wie Kartoffeln - nicht schlecht.
Am anderen Morgen werde ich um ¼ nach 5 von einem Handy-Anruf geweckt. „Wir fahren bald los“. Um halb stehe ich vor der Türe. Eine Stunde später kommt mein Begleiter mit dem Frühstück: gekochte Yams-Wurzeln und rote Sauce. Man isst mit der rechten Hand; nur diese wird am Tisch in Seife und Wasser gewaschen.  
Die Straßen, nur noch Sandpisten, werden enger. In den Dörfern müssen wir nach dem Weg fragen. Wir werden von Einheimischen begleitet. In einem von Teak-Bäumen überwucherten Gelände finden wir noch ein paar Fundamente des deutschen Stützpunkts. Er wurde 1915 überrannt, und inzwischen hat die Natur alte Sünden fast unsichtbar gemacht. Einige Kilometer weiter. Auch von zwei ehemaligen Deutschen-Friedhöfen ist nichts geblieben. Ein paar Steine kann man schwach erkennen. Sie waren aus dem landesüblichen Lehmmaterial. Trotzdem genießen wir Deutschen in Togo ein hohes Ansehen. Sehr viele Jugendliche lernen auch auf dem Land, wo es Lyceen gibt „Deutsch“.
Noch ein kleiner Abstecher zum Grenz-Fluss zu Ghana. Ein paar Nachen bilden den „kleinen Grenzverkehr“ – z.B. mit Benzin in Kanistern. Das ist in Ghana billiger und wird in Togo flaschenweise an der Straße verkauft.
Benzinverkauf für Motorräder


Zum Mittagessen sind wir beim Präsidenten der Präfektur eingeladen. Durstig und verschwitzt kommen wir um 3 Uhr an. Dort, in einer netten Laube, ein ausgedehntes Mittagessen mit Maniuk-Klößen, fast wie unsere Dampfnudeln. Hier isst man mit den Fingern. Man muss die abgerissenen Brocken in die Sauce tunken und auf einmal schlucken. Die Gastgeber erheitern sich, dass mir das nicht gelingt. Der Durst des Fahrers bei dieser Hitze war zu groß. Es gibt hier ein sehr gutes Bier in 0,6 l-Flaschen. Wir entscheiden uns, nicht nach Hause zu fahren, sondern im „Busch“ zu bleiben. Wir machen nochmals Quartier im Busch-Hotel und, weil es da nichts zum Nachtessen gibt, kehren wir wieder zum Präsidenten zurück. Bald geht im ganzen Dorf das Licht aus. Der Generator wird um ½ 11 Uhr ausgeschaltet. Sparmaßnahmen. 
Der große Sonntag-Markt ist das Ereignis der Region. Kurz nach 7 bringt mein Begleiter Yams-Wurzeln mit Fisch und Soße. Das hat wieder seine Schwester für uns gekocht. Auch Fisch kann man mit Fingern essen. Auf dem Markt versammelt sich jung und alt. Alle kaufen und verkaufen. Die Aussteller lassen sich gerne fotografieren.
Markt für Yams-Wurzeln

Danach geht es nochmals zum Präsidenten. Er leitet die örtliche Bankzweigstelle. Es gibt Maniok-Klöße mit Hähnchenteilen. Dazu Sergheo-Bier, ähnlich wie unser Most, und noch Palmenschnaps. Es bekommt mir alles ausgezeichnet. Die Ehefrau hat gekocht, die Töchter haben serviert; selbstverständlich nie am Tisch Platz genommen. Mit 2tägiger Verspätung kommen wir wieder an unserem Stützpunkt Bassar an.
Haupteinkommen der Stadt Bassar ist die Landwirtschaft, es gibt keine Industrie nur kleine Händler. Der Haushalt der Stadt liegt bei 96.000 € im Jahr. Davon müssen alle Angestellten bezahlt werden. Der Bestverdienende bekommt knapp 100 € mtl.. Es gibt einen sehr ordentlich aufgestellten Haushaltsplan. Die Haupteinnahmen sind Standgelder vom Markt und Gebühren im Standesamtswesen. Diese Einnahmen werden sauber registriert, wie zu alter Zeit bei uns. Aufgaben wie Straßenunterhaltung, Müllbeseitigung, Abwasserbeseitigung oder gar –reinigung werden einfach ignoriert. Der Bürgermeister ist vom Präsidenten eingesetzt, die Gemeinderäte sind krank, weggezogen oder verstorben: Es tagt kein Gemeinderat. Auch der Gemeindesekretär ist vom Staat delegiert. Das Rathaus hat einen einzigen PC mit einem mangelhaften Internet-Anschluss; die Einwohner sind dort gar nicht registriert.



Im technischen Bereich werden Lagepläne für Grundstücksverkäufe gezeichnet, aber es gibt kein Kataster oder Grundstücksregister. Es ist schlicht kein Geld da und da will niemand eine überplanmäßige Ausgabe riskieren. Es gibt 2 Lyceen (Gymnasien – Oberstufe 11 - 13) mit je etwa 1200 Schülern und 29 Lehrern. In einer Klasse sitzen bis zu 100 Schüler. Jedes Jahr gehen ca. 800 Abiturienten von diesen Schulen ab – und finden hier keinen Job. Alle wollen zum Studieren in die Hauptstadt Lomé.
Dabei kommen immer mehr Schüler nach, Ca. 1000 Geburten jedes Jahr. Das gibt im Durchschnitt 140 – 160 neue Familien jährlich und in der Folge Bauplatznachfrage, Abwasser- und Abfallprobleme. Ich habe das in meinem Bericht an den Bürgermeister notiert. Er versprach, ihn zu lesen. Diskutieren wollte er nicht. Augen zu und durch. Nächstes Jahr sollen Wahlen sein. Danach die Sintflut!


Sogar der Minister kommt zu einer öffentlichen Versammlung nach Bassar und schwärmt für Tourismus. Doch das Niveau ist äußerst niedrig. Wer will durch metertiefe Fahrplanverwerfungen zu den doch interessanten Hochöfen des 18. Jahrhunderts kommen? Schon die Fahrt mit dem Motorrad war abenteuerlich. Die Herbergen haben nur einfaches Niveau.
Hist. Hochöfen




Das eigentliche Ziel, die Administration zu beraten und zu optimieren lässt sich schwer verwirklichen. Es fehlen grundlegende Voraussetzungen, ordentliche Schreibtische, Aktenordner, Schränke, EDV- und Telefonanlage sowie die rechtlichen Grundlagen, nämlich Zuständigkeit der Gemeinden, des Gemeinderats und des Bürgermeisters sowie das Geld. Alles wird nach den nächsten Wahlen in einem Jahr verschoben.
Ich reise wieder in die Hauptstadt Lomé zurück. Auch diese ist ein Riesendorf. Man lebt auch hier von eigenen Erzeugnissen und dem Kleinhandel. Es sind freundliche, kräftige, gut genährte und sehr religiöse Menschen, denn das Land bietet genügend Erzeugnisse. Wasser ist hier kein Problem, eher das rasche Wachstum. Nur die Hauptstraßen sind befestigt und voll Motorradverkehr. Man weicht auf die abenteuerlichen Nebenstraßen aus. An höheren Gebäuden findet man nur ein paar Banken und das Ibis-Hotel.
Bruchstückhaft gibt es noch die gusseiserne Pier aus dem Dt. Kaiserreich. Dort haben noch ein paar Wohnsitzlose Platz gefunden. Im Osten der Stadt gibt es eine Zementfabrik: Heidelberger Zement! Mit der letzten, der aus dem Dt. Kaiserreich stammenden Eisenbahn wird Phosphat zum Hafen befördert.  
In Lomé habe ich noch ein Kommunalservicebüro mit jungen Leuten zu trainieren. Sie interessieren sich für Bebauungspläne, Abwassersysteme, Biogasanlagen und das EDV-System. Es gibt noch ein paar Gespräche über Gesetzgebung und Gemeindeverfassung. Die Ausbildung ist schon gut organisiert, aber es fehlt an Arbeitsplätzen für die Jugend der ca. 7 Mill. Einwohner.
Fachhochschule in Lomé


Ghana
Dann geht es weiter nach Accra (Ghana). Aber der Weiterflug von dort funktioniert nicht. 3 Stunden warten, dann in ein wunderschönes Hotel: die Piloten streiken. Zunächst Stadtrundfahrt mit Besichtigung der Prunkbauten, die der frühere Präsident Nkrumah, erstellen ließ. 2. Tag, wieder ein Versuch, stundenlanges Warten – zurück ins Hotel. Am Hotel-Pool konnte man baden, im Hotel deutsche Weihnachtslieder hören! Am 3. Tag nachts weiter nach Johannesburg und dann nach Lusaka in Sambia.
Flagstaff-House: Sitz des Präsidenten


Sambia
Dort wurde ich auf die Farm abgeholt. Um die Farm, der ursprünglich englischen Siedler, herum ist es paradiesisch schön, doch 1 Stunde Fahrzeit zur Hauptstadt. Es lässt sich gut leben. Preiswerte schwarze Mitarbeiter. Die Farm hat 440 ha, 200 Rinder. Sambia war Protektorat der Engländer und hat ca. 13 Mill. Einwohner. Hier wird Englisch gesprochen.
Eine schweizer Familie will sich auf der Farm ansiedeln. Man bohrt für sie nach Wasser. Nach wenigen Stunden findet man es in ca. 20 m Tiefe. Die Hauptstadt Lusaka hat einen Stadtkern, afrikanisch geprägt, außen herum sogar Villen-Viertel, Einkaufszentrum, gute Schulen. Durch den Streik ist mein Aufenthalt beschnitten. Es reicht nicht mehr zu den Viktoria-Wasserfällen.
Bei Lusaka wird ein riesiges Stadion gebaut. Planung und Ausführung durch die Chinesen. Als Gegenleistung erhalten Sie Lieferrechte für Kupfererz. Man könnte meinen, es gäbe keine wichtigere Investition!
Neues Stadion in Lusaka




Über Windhoek geht es nach Kapstadt weiter. 
 
Südafrika
Von Kapstadt bin ich überrascht. Eine wunderbar gelegene, saubere Stadt mit ca. 3,5 Mill. Einwohner. Viele Gebäude, auch moderne, im viktorianischen Stil. Die Hafenanlagen, in anderen Städten schmutzig, laden hier zum Bummeln ein. Das Kreuzfahrtschiff „Deutschland“ hat angelegt und überschwemmt die Stadt mit Touristen. Entsprechend ist auch viel Stimmung in den vielen Restaurants. Ich möchte gerne mit der Seilbahn auf den Tafelberg fahren: Heute hat es zuviel Wind. Ich entschließe mich eine Bergtour zu machen. Es hat zwar ca. 30 ° C Wärme; aber warten wollte ich ja auch nicht. Nach etwas über 2 Stunden war ich oben (1086 m) und durfte eine herrliche Aussicht genießen. Natürlich gehört auch eine Fahrt zum Kap der Guten Hoffnung dazu. Es liegt in einem wunderschönen Naturschutzgebiet mit seltenen Pflanzen. 650 Wracks haben sich im Laufe der Jahrhunderte um das Kap versammelt!
Dann noch eine Fahrt in das Weinbaugebiet. Hauptsächlich französische Hugenotten haben hier saubere Güter und gepflegte Weine begründet. Schwarze Sommeliers erklären den Wein – köstlich.
Botan. Garten mit Tafelberg



Ein Besuch im botanischen Park rundet das Bild ab. Uralte afrikanische Bäume in wunderbarer Landschaft. Kapstadt hat zwar kaum Hochhäuser, kann aber mit New York konkurrieren! Der Nachtflug bringt mich nach 6 Wochen in das verschneite Deutschland zurück.
Walter




























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